Der Trainertyp im Fußballjugendbereich

Eine Verhaltensstudie

Untersuchungsergebnisse und Anregungen zu  richtigen Verhalten bei E- und F-Junioren

Methode der Untersuchung
Als Untersuchungsmethode diente die  Beobachtung. Der Beobachtungsbereich war dabei das Verhalten von Trainern und Eltern gegenüber Kindern ihm Verlauf eines Spiels und die folgende Reaktion der betroffenen Kinder. Insgesamt wurden 52 F- und E-Junioren Spiele im Kölner Raum und dabei 208 Bezugspersonen (49 Trainer/159 Eltern) beobachtet. Ziel der Beobachtung war die Beschreibung, Kategorisierung und Bewertung von Verhaltensweisen der Trainer und Eltern bei den F- und E-Junioren im Verlauf eines Spiels. Die verschiedenen Verhaltenstypen. Bei der durch geführten Beobachtung konnten in Trainer- und Elternverhalten sieben Grundtypen klassifiziert werden. Beobachtet wurden der Trainer sowie die Personen in Umkreis des Trainers

Ehrgeiziger Trainertyp
Trainer: Will immer gewinnen setzt aus diesem Grund nur die starker Spieler ein.
Elternteil: Kritisiert im Verlauf des Spiels lautstark die Aktionen des Sohnes.

Besserwissender Trainertyp
Fällt besonders durch Kommentare wie Du mußt, Du sollst und Du darfst nicht auf

Unkritischer Trainertyp
Orientiert sich mit seiner Kritik nicht an der Leistung der Kinder, sondern nur am Ergebnis.

Impulsiven Trainertyp
Begleitet das gesamte Spiel mit lautstarken  negativen, aber auch positiven Kommentaren.

Aggressiver Trainertyp
Bei vermeintlicher Benachteiligung fordert er  die Kinder zum aggressiveren Verhalten und zur Gewalt auf.

Lobenden Trainertyp
Jede Aktion wird gelobt, Kritik wird im Verlauf des Spiels nicht geäußert.

Ruhiger Trainertyp
Gibt im Verlauf des Spiels nur wenige Anweisungen.  Wenn Korrekturen erforderlich sind, dann äußert er sie in einfachen, klar verständlichen Sätzen. Kritische Äußerungen erfolgen im Spie!verlauf nicht.

Ergebnisse der Untersuchung

In allen Spielen wurde ein massives  Eingreifen in den Handlungsspielraum der Kinder festgestellt. Es ist zu vermuten, daß nicht die Kinder entscheiden wie in einer bestimmten Situation zu handeln ist, sondern dies von den Erwachsenen  vorgegeben wird. Dabei werden jedoch die Kreativität und die selbständige Entscheidungsgewalt der Kinder beeinträchtigt und blockiert. Je spannender und knapper das Spiel, desto energischer und  aggressiver waren die Anweisungen der Trainer und Eltern. Oft konnten die Kinder lediglich in den Anfangsminuten ohne Einmischung von außen dem eigenen Spiel nachgehen. Diese Ergebnisse sind jedoch zu  relativieren. Die Untersuchung zeigte, daß einer Mehrheit von sich zurückhaltenden, ruhigen Personen lediglich eine geringere Anzahl negativ auffallender Einzelfälle gegenübersteht.

Gesamtverteilung der Typen

Wenn die prozentuale  Gesamtverteilung der einzelnen Typen hinzugezogen wird, in der Trainer und Eltern zusammengefaßt sind, so ist festzustellen, daß der ruhige Typ mit 42,3% am häufigsten vertreten ist. Das bedeutet, daß  fast die Hälfte aller beobachteten Personen beim Spiel der Kinder sich zurückhaltend verhalten. Ein erfreuliches Ergebnis! Der impulsive Typ ist mit 20,7% stark vertreten. Dieser Anteil ist eindeutig zu  hoch! Denn demnach ist jeder 5. Trainer oder Elternteil aktiv am Speil beteiligt, indem sie ständig Kommentare äußern. Dahinter folgen der lobende Typ (10,6%), der ehrgeizige Typ (9,6%), der  unkritische Typ (8,2%) und der besserwissende Typ (6,7). Der aggressive Typ ist mit 1,9% glücklicherweise eher eine Randerscheinung.

Verteilung der Trainertypen

Wenn nur die prozentuale Verteilung  der Trainer betrachtet wird, so ist es vor allem als bedenkenswert anzusehen daß im Bereich der E-Junioren über die Hälfte der Trainer dem impulsiven Typ zugeordnet wurde. Dieser Wert ist fünfmal so hoch  wie bei den F-Junioren! Hier dominiert erfreulicherweise der ruhige Typ. Dieses Ergebnis ist ein Beleg dafür, daß die Neun- und Zehnjährigen bereits wesentlich erfolgsorientierter trainiert werden. Nicht  die individuelle Entwicklung eines jeden Spielers ist hier in den meisten Fällen entscheidend, sondern (leider) der Tabellenrang. Dagegen steht bei den F-Junioren noch stärker die Spielfreude der Kinder  im Vordergrund. Der ruhige Typ ist bei den Trainern prozentual als zweitstärkste Gruppe vertreten, Bei den F-Junioren stehen jedoch dreimal so viele ruhige Trainer am Speilfeldrand wie bei den  E-Junioren. De vermutlichen Gründe für dieses Übergewicht gegenüber einer ganz anderen Verteilung bei den E-Junioren-Trainern wurden bereits abgeleitet. Weiterhin fällt auf, daß der lobende Typ innerhalb  der F-Junioren-Trainer als zweitstärkste Gruppe auftaucht wogegen er im Vergleich zu den E-Junioren m Gesamtbild der Trainer keine große Rolle speilt. Insgesamt läßt sich feststellen, daß das  Aktivitätsniveau der Trainer von den F- zu den E-Junioren zunimmt.

Verteilung der Elterntypen

Auf Elternseite fällt auf, daß im  Gegensatz zu den Trainern der ruhige Typ überwiegt. Dies bedeutet, daß fast die Hälfte der Eltern die Spielfreude der eigenen Kinder nicht hemmen. An zweiter Stelle ist jedoch bereits der impulsive Typ  zu finden, der versucht, das Spielverhalten der Kinder zu beeinflussen. Hinsichtlich des ehrgeizigen Typs wird deutlich, daß das Elterninteresse am sportlichen Erfolg der Kinder mit höherem Alter steigt.

Zusammenfassung der Ergebnisse

1.Eine vor der  Beobachtung aufgestellte Hypothese, das Verhalten von Trainern und Eltern wäre überwiegend negativ, konnte so nicht bestätigt werden. Allerdings fielen zum Teil sehr negativ handelnde Einzelpersonen auf.  Fast die Hälfte aller Elternteile wurden dem ruhigen Typ sowie über 10% dem lobenden Typ zugeordnet. Dies ist sicherlich als ein äußerst positives Ergebnis zu bewerten. Knapp 40% der Trainer wurden indes  dem impulsiven Typ zugeordnet, was einen recht hohen Anteil entspricht. Ein ruhigeres und zurückhaltenderes Verhalten wäre wünschenswert, damit sich die Kinder frei entfalten können!

2.Bei den E-Junioren sind weitaus aktivere Trainer anzutreffen  (überwiegend impulsiver Typ) als bei den F-Junioren (überwiegend ruhiger Typ). Der Hauptgrund liegt vermutlich in einer stärker erfolgsorientierten Sichtweise. In beiden Altersklassen überwiegt bei den  Eltern der ruhige Typ. Festzuhalten ist, daß im Elternbereich gegenüber den F-Junioren der Anteil des impulsiven und ehrgeizigen Typs bei den E-Junioren enorm ansteigt.

3. Zwischen Trainern und Eltern bestehen Unterschiede im Verhalten. Die  Eltern zeigen im Vergleich ein ruhigeres Verhalten.

4. Eltern und Trainer greifen im Spielverlauf oft in den  Handlungsspielraum der Kinder ein. In allen Spielen waren lautstarke Kommentare seitens der Eltern und Trainer zu beobachten die die Handlungen der Kinder beeinflußten.

5. Je spannender und knapper das Spiel, desto energischer und aggressiver  sind die Anweisungen der Trainer und Eltern. Oft können die Kinder lediglich in den Anfangsminuten ohne Einmischung von außen dem eigenen Spiel nachgehen!

Überlegung zu den Ergebnissen

Woran liegt es, daß einige  Erwachsene die gute Erziehung vergessen, wenn Kinder auf dem Fußballfeld stehen? Liegt es etwa an den unterschiedlichen Zielen von Erwachsenen und Kindern? Kinder spielen Fußball, um das Spiel zu  erlernen und sich zu verbessern. Spaß und Spielfreude sollten, nein, müssen dabei sogar im Vordergrund stehen. Erwachsene dagegen versuchen, den eigenen und in manchen Fällen übertriebenen Ehrgeiz auf  die Kinder zu übertragen. Durch diese pure Erfolgsorientierung werden Talente hochgepuscht und frühzeitig einem künstlichen Druck ausgesetzt. Eine pädagogische Verantwortung wird nicht erfaßt.  Zurückzuführen ist dies darauf, daß Eltern einerseits Vorstellungen und Wünsche, die sie sich selbst in der eigenen Jugend nicht erfüllen konnten, auf die Kinder projizieren oder sie andererseits im  Kindesalter selber sehr erfolgreich waren und nun diese sportlichen Leistungen auch vom eigenen Sprößling erwarten.Kinder in dieser Altersstute sind in großem Maße auf die Eltern angewiesen und sollten  aus diesem Grund auch in jeder Hinsicht Unterstützung erfahren. Die Erziehenden sollten sich jedoch hinsichtlich der eigenen Rolle auf dem Fußballplatz immer bewußt sein, daß jungen Kicker vielerseits  beeinflußbar sind. Ein Jugendtrainer wird immer versuchen, sich positiv verhaltende Eltern für die Gestaltung der organisatorischen, aber auch pädagogischen Prozesse und Aufgaben innerhalb der  Mannschaftsführung als zusätzliches Potential zu nutzen. Eine Steuerung -seitens der Traner- im Verlauf des Spiels ist aber dringend erfordlich. Allerdings sollten Anweisungen nur bei Unterbrechungen  erfolgen, da Kinder bei einer Spielhandlung verbale Informationen nur schwer verarbeiten können. Zudem sollt Korrekturen in einfachen und recht verständlichen Sätzen angebracht werden. Entscheidend ist  immer die Wort- und Tonwahl. Negative Äußerungen und lautstarke und unsachliche Kritik sind unangebracht. Aufmunternde Worte sind dagegen im gesamte Spiet wichtig und hilfreich. Immer wieder waren  Einzelfälle zu beobachten denen Kinder angebrüllt wurden. Maßvolle Anfeuerungen von Eltern sind natürlich erwünscht. Abschließend sei nochmals betont, daß einige Erwachsene das eigene Verhalten auf dem  Fußballplatz und den Kindern gegenüber grundlegend überdenken müssen, damit die Kinder in dem freien Entfaltung nicht gehemmt werden und das tun können, was sie möchten ohne Druck einfach nur Fußball  spielen!

Autor dieser Studie


Robert  Freis (Sportjournalist, Diplomsportlehrer, Buchautor und  DFB-A-Lizenzinhaber)

Die Studie "Richtig Trainieren und Betreuen  im Basisbereich" ist beziehbar unter:

Robert Freis,
Blutenburgstr. 98,
80636  München    

frankierter und adressierter (Din A 4 - 1,45) Briefumschlag ist  beizulegen.